Im Ronhof nichts Neues.

Die fantypische Naivität lässt einen die nähere Zukunft ja doch gerne mal etwas hoffnungsvoller erahnen, als es die Realität dann später offenbart. Eine als erfolgreich präsentierte Vorbereitung und eine Hand voll vordergründig als tauglich erscheinende Neuzugänge ließen durchaus entspannt dem Neujahrsauftakt entgegenblicken. Aber Pustekuchen, Stand heute muss konstatiert werden: Im Ronhof nichts Neues.
Nach rund einem kompletten Monat Vorbereitungszeit. Selten empfand ich den Impuls, unmittelbar im Anschluss an ein Spiel meine Gedanken hier niederzuschreiben. Ich präferiere im Normalfall den Abstand und den gesetzten Eindruck als Basis meiner gedanklichen Einordnung. Diesmal ist das anders. Die Enttäuschung und die Sorge müssen raus.

Es ist schon einigermaßen erschreckend, welch grauenhaftem Auftritt man am gestrigen Abend beiwohnen musste. Gut — wer den Härtetest gegen Sandhausen im eisigen Stadion verfolgte, war für die mit ganz viel Wohlwollen als äußerst überschaubar einzustufenden Fortschritte bereits sensibilisiert. Dass dieses Testspiel sowohl personell wie auch spieltaktisch wenig erkennbare Überschneidungsmenge mit dem gestrigen Matchplan besaß — an dieser Stelle geschenkt. Dass der auserkorene Unparteiische mit der Spielleitung überforderter schien als ein Zweitklässler mit der Bearbeitung des ersten juristischen Staatsexamens — bitter und unverständlich, aber ebenfalls geschenkt. Nicht geschenkt ist allerdings, zu welcher Bankrotterklärung der Auftakt in das Jahr 2019 dann verkommen sollte. Aus eigenem Verschulden, wohlgemerkt. Ohne große Umschweife in die Statistik oder Analyse des Spiels unternehmen zu wollen: unter dem Strich stehen genau 0 gefährliche Schüsse auf das Tor in über 90 Minuten. In Worten: Null. Kein einziger. Gegen das Schlusslicht der Liga inklusive seiner aktionistisch verpflichteten Notnägel aus ganz Europa. Mehr Argumente braucht es eigentlich gar nicht mehr. Case closed.

Das Geschehen gegen Ingolstadt stellte den vorläufigen Tiefpunkt einer Entwicklung dar, derer der gesamte Verein sehenden Auges Opfer wird. Die Scheuklappen müssen schleunigst abgelegt werden, wenn man nicht die letzte Saison in umgekehrter emotionaler Reihenfolge abspielen möchte.
Ich habe nach nur einem Test- und einem Pflichtspiel, die ich in diesem Kalenderjahr sehen konnte, schon wieder so unangenehm viele Fragen im Kopf. Was genau wurde eigentlich in den drei Wochen Vorbereitungszeit als Hauptaugenmerk verbessert? Laufwege, das Ausspielen von Kontersituationen, Aufbauspiel bei eigenem Ballbesitz und Handlungsschnelligkeit sind nicht die heißesten Anwärter auf meiner persönlichen Einschätzungsliste. Warum betont man bei der Auswahl des Personals „die Qual der Wahl aufgrund vieler Optionen“, wenn schlussendlich dann doch ständig die gleichen Leute in der gleichen Zusammenstellung agieren? Warum wird, scheinbar völlig losgelöst vom Spielverlauf, stets erst in der Schlussphase gewechselt und auf das Setzen früherer Impulse komplett verzichtet?
Es muss als Armutszeugnis gewertet werden, wie wenig Entwicklung seit einigen Monaten unter Trainer Damir Buric zu erkennen ist. Und die Krux bei der Sache: was zuletzt noch wie Stillstand wirkte, verkommt nunmehr zunehmends zum Rückschritt. Die Spielvereinigung wird sich unweigerlich in den kommenden Tagen der Trainerfrage stellen müssen und darf nicht länger aus sinnesvernebelnder Dankbarkeit für das Vergangene oder das unaufmüpfige Akzeptieren der Fürther Fußballvoraussetzungen entscheiden. Was Buric mittlerweile zur Verfügung steht, ist schon seit längerem nicht mehr das geerbte Überbleibsel eines unlängst geschassten Vorgängers. Es unterliegt seiner Verantwortung, neben dem holprig funktionierendem Kontersystem eine weitere Variante der Fürther Spielanlage zu finden. Es unterliegt seiner Verantwortung, die Malaise im zum Komplettkollaps verkommenen Angriffsspiel zu beheben. Und es unterliegt auch seiner Verantwortung, die disziplinarischen Verfehlungen auf dem Platz zu thematisieren, die verstärkt zu Platzverweisen und in anderweitige Hintertreffen führen.

Was die Mannschaft zum Saisonbeginn stark gemacht hat, war ihre Moral. Ihr Herz und ihre Kampfkraft. Nicht unbedingt eine erdrückende fußballerische Dominanz. Was aus der Zeit dieses ambitionierten Auftretens noch übrig geblieben ist, scheinen nur die gängigen Postings auf den sozialen Plattformen zu sein, in denen man sich gerne als popstartaugliche Crew inszeniert.
Ein Abziehbild dieser fehlgeleiteten Ambition ist dann eben auch das Auftreten auf dem Platz. Lasche Körpersprache, kaum erkennbarer, übermäßiger Siegeswille. Man muss sich als Anhänger, der beinahe drei Stunden bei Minustemperaturen ausharrte, schon beinahe verarscht vorkommen, wenn man sich nochmal kurz an die Überschriften zur Pressekonferenz vor dem Granatenauftritt gegen den Clubabklatsch von der Donau erinnert. Überall waren da folgende Zitate zu lesen: „Vorfreude, Hunger, Wille“, diktiert vom Cheftrainer persönlich. Einer „sehr hart[en] und intensiv[en]“ Vorbereitung sollten „mit unbedingtem Willen, großen Hunger und viel Mut“ Ergebnisse folgen. Es mag möglicherweise nur mir so gehen, aber … — hat das auch nur im Entferntesten etwas mit der Realität der letzten Monate zu tun? Ich sehe da mittlerweile nur noch ganz viel ambitionslose „Null zu Null ist ja auch ganz okay“-Mentalität auf dem Platz.

Vielleicht war es dann schlussendlich sogar ein wohlinvestierter Punktverlust. Man verliert zumindest zusätzlich die Legitimation von einem erkämpften Punkt sprechen zu können, von einer ordentlichen Grundlage für weiteres (oder ähnliche rhetorische Ausflüchte) und lügt sich angesichts der eklatanten Schwächen und der allmählich bedrohlich erscheinenden Gesamtentwicklung nicht mehr ganz so unbemerkt weiterhin in die eigene Tasche. Die Wohlfühloase Fürth muss ein Ende haben, die Spielvereinigung kommt sonst erneut vom zwischenzeitlich erreichten Kurs ab. Es kann so nicht weitergehen. Die Probleme sind altbekannt, eine Besserung beziehungsweise eine Entwicklung nicht mehr zu erahnen. Es muss auf den Tisch gehauen und dringlichst auf den Ernst der Lage hingewiesen werden, bevor die Stimmung komplett kippt! Oder im schlimmsten Fall in absehbarer Zeit die Ligazugehörigkeit. Reißt euch endlich wieder zusammen.


            Vorwärts, Kleeblatt!