Knut Kircher pfeift das entscheidende Relegationsrückspiel ab und ich erlebe ein persönliches Déjà-vu. Ich habe in meinen heimischen vier Wänden eine Collage-Wand mit Zeitungsausschnitten aus den zurückliegenden Spielzeiten. Posivite, wie auch negative Schlagzeilen. Auf einem solchen Schnipsel steht da geschrieben: „Die Tränen des Trainers – Fürths Coach Mike Büskens nach dem Remis zum Saison-Kehraus: ‚Es herrscht eine große Leere. Wir haben viel investiert, aber es hat nicht gereicht.'“.
Die Szenen, die sich unmittelbar nach dem Schlusspfiff abspielen, erinnern mich so stark an das damals Erlebte. Die Mannen in Weiß-Grün liegen auf dem Rasen, die meisten können ihre Tränen nicht verbergen. Eine sehr gute Saison konnte nicht gekrönt werden, weil am Ende Kleinigkeiten fehlten. Im Hinspiel war eine solche Kleinigkeit mindestens dieses eine Tor, das die SpVgg in einer spielerisch, wie auch kämpferisch überlegen gestalteten Partie gegen den nominell übermächtigen Hamburger Sport-Verein verpasste zu erzielen. So fehlte am Ende des Rückspiels ein Tor zum Aufstieg, da dem HSV aufgrund der Auswärtstorregelung ein 1:1 in Fürth für den Klassenverbleib genügte.
Das 1:1 im Rückspiel geht rein ergebnistechnisch wohl in Ordnung. Die SpVgg konnte in der ersten Halbzeit kaum das Spiel kontrollieren und hatte sichtlich sowohl mit den eigenen Nerven, als auch mit den Schiedsrichterentscheidungen zu kämpfen. Das frühe Gegentor nach einem Standard war dabei natürlich ebenfalls keine Hilfe und sorgte kurze Zeit für einen spürbaren Schock. Die zweite Halbzeit hingegen war wieder deutlich näher am gewohnt beherzten Auftreten unseres Kleeblatts aus dieser Saison, wurde aber am Ende trotz des Ausgleichs und zwanzigminütigen Powerplays in der Endphase nicht mit dem Siegtreffer belohnt. Ja, man hatte wahrlich einmal mehr „viel investiert, aber es hat [am Ende] nicht gereicht“.
Sicher war da nach dem Schlusspfiff diese beschriebene Leere. Diese Enttäuschung, dass es – einmal mehr – nicht gelungen ist, den letzten Schritt zu machen. Dieser wiederkehrende Makel der „Unaufsteigbaren“, der doch mit dem erstmaligen Bundesligaaufstieg beseitigt schien. Sicher musste ich ein paar Tränen verdrücken, als die Mannschaft zur Kleeblatthymne und mit tosendem Applaus, auch von Hamburger Seite(!), verabschiedet wurde. Sicher könnte ich mit der einseitigen Spielleitung von Knut Kircher hadern, die Auswärtstorregel verfluchen oder das späte Siegtor der Löwen im vorletzten Heimspiel bedauern, das im Nachhinein gesehen den zweiten Tabellenplatz gekostet hat. Aber am Ende bleibt eben dieser unbändige Stolz auf die Mannschaft, den Verein und die Fans. Was die Mannschaft auf einer nationalen Bühne geleistet hat, kann ich nicht in ausreichender Form in Worte fassen. Spieler, die teilweise ihre erste Profisaison spielen. Spieler, die teilweise aus den eigenen Nachwuchsteams stammen. Eine Anhängerschaft, die tagelang für eine besondere, freudig optimistische Atmosphäre in der Stadt und auf den Rängen der beiden Stadien gesorgt hat. Von allen Seiten wird man zu einer tollen Leistung beglückwünscht und Menschen mit anderen Vereinzugehörigkeiten sprechen einem über die sozialen Netze ihre Anerkennung aus. Das bedeutet mir als Kleeblattanhänger aus den Zeiten der „grauen Zweitligamaus“ so unglaublich viel. Zeiten, in denen man gefragt wurde, warum man ausgerechnet so einen „langweiligen Verein“ unterstützen würde. Zeiten, in denen man neben den Nachbarn kaum wahrgenommen wurde. Ja, man kann wahrlich verlieren, ohne geschlagen worden zu sein. Und man kann auch aus einer Niederlage als Sieger hervorgehen.
Ich freue mich. Ich freue mich – keine 24 Stunden nach der Enttäuschung des Schlusspfiffes – auf die neue Saison. Ich möchte miterleben, wie diese Mannschaft ihren Weg weitergeht. Ich hoffe, dass die Mannschaft bis auf die bereits bekannten Abgänge von Manager Rouven Schröder und Mergim Mavraj zusammen bleibt. Ich hoffe, dass die passenden Ergänzungen für den Kader gefunden werden können. Ich hoffe, dass Trainer Frank Kramer den Lockrufen aus der Bundesliga widersteht und sich dabei vielleicht auch ein Beispiel an Mike Büskens nimmt. Dieser blieb damals, um das Begonnene mit seiner Mannschaft zu vollenden. Der Zweitligameister der an den beschriebenen Artikel anschließenden Saison hieß übrigens SpVgg Fürth.
Unser Kleeblatt, das wird niemals untergeh’n!
Ein Kommentar zu „Relegation: Auch Tränen können ein Kleeblatt gießen“